“Die 8848 Höhenmeter zu schaffen, war für mich eher eine Selbstverständlichkeit”

 

Klaus ist 64 Jahre alt, als er beim Everesting von ALPIN8 teilnimmt. Er gehört zu den fünf ältesten Teilnehmenden und ist überrascht, “wie viele Junge hier am Start sind”. Er ist sich sicher, dass sein Alter und seine Lebenserfahrung einen großen Teil beigetragen haben, warum das Erreichen der 8848 Höhenmeter für ihn eine Selbstverständlichkeit war, an der er nie gezweifelt hat.

Aber von Anfang an. Klaus kommt aus Kärnten und ist nicht nur für sein Alter ungewöhnlich sportlich unterwegs. Egal ob erfolgreicher Schlittenhundesportler (ehemaliger Weltmeister und amtierender Vizeweltmeister), bei Langdistanzrennen zu Fuß durch die Sahara oder mit 24 Stunden mit dem Rad – es gibt wenig, das Klaus noch nicht gemacht hat. Auch ein Everesting hat er vorher schon mal mit dem Rennrad gemacht. “Diese Herausforderungen sind wie eine Sucht, man muss immer weitermachen!”

Vom Schlittenhundesport zum Everesting

“Ich habe immer schon ein bis zwei weitere Events geplant, damit ich nach einer Herausforderung nicht in ein Loch falle.” Nach seinem letzten Schlittenhunderennen nach über 20 Jahren, das er im Winter 2024 erfolgreich als Vizeweltmeister beendet hat, war Klaus froh, direkt das nächste Ziel vor Augen zu haben: Das Everesting mit ALPIN8. “Ich stellte den Schlitten in die Ecke und packte meine Laufschuhe aus. Mit dem Schlittenhundesport abzuschließen fiel nicht leicht, aber eine neue Aufgabe zu haben, hat mich motiviert, mich nicht gehen zu lassen, sondern weiter zu trainieren.”

Klaus wirkt wie ein Mann, den seine extremen Erlebnisse geprägt haben. Sein reicher Erfahrungsschatz von unzähligen Events hat ihm gezeigt, zu was er fähig ist und dass keine Herausforderung zu groß ist, auch wenn sie noch so verrückt klingen mag. Von seinen Freunden und Bekannten erzählt er, dass “die schon lange aufgehört haben, den Kopf zu schütteln”, wenn er mit der nächsten verrückten Idee um die Ecke kommt. Er hat sich mit der Zeit daran gewöhnt, seine Erfolge alleine zu genießen. Höchstens im Radverein gebe es Leute, die nachvollziehen können, wie lange 600 Kilometer mit dem Rennrad, oder eben auch 8848 Höhenmeter zu Fuß sind. 

Menschen treffen, die nicht ungläubig „Warum?!“ fragen

Umso schöner empfindet es Klaus, bei Sportveranstaltungen immer wieder auf Gleichgesinnte zu treffen. Auf Menschen, denen er sich nicht erklären muss, die ihn nicht schief von der Seite ansehen, die ihn nicht nach dem Warum fragen. Dennoch genießt Klaus es auch, bei ALPIN8 größtenteils alleine zu laufen. Mit sich und seinen Gedanken. “Lange zu laufen ist wie Meditation, da kommt man sich selbst näher.” Und wenn man sich dann doch mal ein bis zwei Minuten mit jemandem unterhält, sei das ein einschneidendes Erlebnis bei diesem Aufstieg, man sei ja sonst meist mit sich selbst beschäftigt.

Klaus kennt sich selbst und weiß, wie sein Körper und Geist bei schwierigen Herausforderungen reagieren. Er weiß genau, welche Schuhe und Socken er braucht, um keine Blasen zu bekommen, wie er sich die Zeit einteilen muss, um nicht zu ermüden und was er essen muss, um seinen Körper mit den nötigen Nährstoffen zu versorgen. Am wichtigsten sei es, auf sich selbst zu hören: “Wenn mein Körper mir sagt, dass er ein Schnitzel braucht, dann brauche ich eben ein Schnitzel”, schmunzelt er. Und auch auf Schmerzen im Rücken, an den Knien oder den Füßen vorbereitet zu sein, helfe enorm. Wenn man damit rechne, dass einem irgendwann etwas wehtun wird, könne man besser damit umgehen, als wenn man die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen hat. 

„Irgendwie geht es immer weiter!“

Genauso ist es laut Klaus auch mit dem Erreichen von Zielen: Für ihn sei es essentiell, sich den Moment eines Zieleinlaufs im Vorfeld zu visualisieren. Sich vorzustellen, wie es sich anfühlen wird, nach 8848 Höhenmetern und vielen Stunden am Berg ins Ziel einzulaufen. Sich mental darauf vorzubereiten und mit dem positiven Bild im Kopf zu motivieren.

Während er aber auf der Strecke unterwegs ist, denkt er wenig an das ultimative Ziel von 8848 Höhenmeter. In diesen Momenten ist es wichtiger, nicht zu weit in die Zukunft zu denken, denn sonst kommt einem die Herausforderung unmöglich vor. Besser sei es, Schritt für Schritt zu gehen und von einer Kurve zum nächsten zu denken. “Irgendwie geht es immer weiter!” 

Als es regnet und gewittert, beschließt Klaus, eine Pause im Auto zu machen. Er packt sich warm in Decken ein, schläft eine Runde und will eigentlich pünktlich zum Ende des Gewitters wieder weiterlaufen. Als der Wecker klingelt, bleibt er aber noch eine Weile liegen, weil es draußen immer noch blitzt. “Mit Gewitter ist nicht zu spaßen, da bin ich sehr vorsichtig.” Als er sich dann doch aufrafft und aus dem Auto steigt, stellt er fest, dass der vermeintliche Gewitter-Blitz von der Kamera eines Fotografen kommt, der die Teilnehmenden während ihres nächtlichen Aufstiegs fotografiert. “Da hab ich mich schon kurz geärgert, ich hätte ja schon vor einer halben Stunde wieder loslaufen können. Aber was solls!” Und nach ein paar Minuten ist Klaus wieder in seinem Flow und steigt beharrlich weiter den Berg hinauf. 

Als Klaus nach etwa 28 Stunden im Ziel ankommt, ist er glücklich, aber nicht überwältigt. Er war sich einfach sicher, dass er die Herausforderung Everesting schaffen würde. Ihm ist bewusst, dass die Möglichkeit des Scheiterns immer gegeben ist, aber es gab keinen Moment, in dem er diese Option in Betracht hätte ziehen müssen. Und so fühlt sich der Moment des Zieleinlaufs für ihn wie eine Selbstverständlichkeit an – aufgrund seiner vielen Erfahrung hat er mit nichts anderem als seinem Erfolg gerechnet. 

„9000 Höhenmeter sind eben 9000 Höhenmeter“

Auf die Frage, ob er das Everesting zu Fuß oder auf dem Rad einfacher fand, hat er eine klare Antwort: “Beides ist hart. 9000 Höhenmeter sind nun mal 9000 Höhenmeter.” Aber zu Fuß habe man beim ALPIN8-Format den Vorteil, dass man bergab in der Gondel Pause machen und sich ausruhen könne, während man auf dem Rad mit 60-70 km/h und voller Konzentration den Berg hinunter rast. 

Zum Schluss bleibt nur die Frage, ob Klaus ein weiteres Mal ein Everesting machen würde. Auch hier gab er eine deutliche Antwort: Dass er im nächsten Jahr den Palüd nochmals in Angriff nehme, denn eine kleine Rechnung (es in 24 Stunden zu schaffen) sei ja offen geblieben.

Text: Saskia Bauer
Bilder: Marius Holler, Sportograf, privat

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